Ob du eine Reise in ein Land planst, das für seine Weine berühmt ist, oder ob du einfach nur ein bisschen mehr darüber erfahren willst, was du da eigentlich trinkst, Wein schätzen zu lernen ist eine der angenehmeren Lektionen, die dir im Leben begegnen werden. Möchtest du gern in den Weinbergen spazieren gehen und die Trauben und die pittoreske Landschaft bewundern, während du ein Glas des lokalen Weins in deiner Hand schwenkst? Du wirst das alles noch viel besser schätzen können, wenn du dich zunächst darum bemühst, die subtile Schönheit des Weins nach und kennenzulernen.
Vorgehensweise
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Füll dein Weinglas zu etwa einem Viertel und halt es am Stiel. Hältst du es am Kelch, würdest du mit deiner Hand den Wein erwärmen und seinen Geschmack verändern. Man sollte Weingläser immer am Stiel halten, damit der Wein nicht zu warm wird. [1] X Forschungsquelle
- Wein muss „atmen“, also nach dem Öffnen der Luft ausgesetzt sein, damit er seinen Geschmack optimal entfalten kann. Nimm dir also Zeit, den Wein genau zu untersuchen, bevor du ihn probierst. [2] X Forschungsquelle
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Riech direkt nach dem Öffnen etwas an dem Wein. Das ist ein guter Zeitpunkt, um dir einen ersten Eindruck zu verschaffen, den du dann mit dem zweiten Eindruck nach dem Schwenken vergleichen kannst. Außerdem kannst du den Wein so auf unangenehme Gerüche hin untersuchen, die dir verraten könnten, dass er verdorben ist, etwa weil er gekorkt hat, oder dass er andere biologische oder chemische Veränderungen aufweist, die ihn abgestanden oder faulig riechen lassen. Achte besonders auf die folgenden Dinge:
- Ein muffiger, feuchter „Dachbodengeruch“ weist darauf hin, dass der Wein nicht gut abgefüllt wurde und nicht genießbar ist.
- Der Geruch nach verbrannten Streichhölzern entsteht beim Abfüllen, sollte aber verfliegen, wenn der Wein mit der Luft in Berührung kommt.
- Riecht Wein nach Nagellack oder Essig, hat er zu viel Säure.
- Dekkera-Hefe verursacht einen Hefegeruch, der bei Rotweinen normal ist. Zu viel davon kann die anderen Aromen des Weins ruinieren und auf Fehler im Herstellungsprozess hinweisen. [3] X Forschungsquelle
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Schau dir die Ränder des Weins an und achte auf die Farben. Wenn du das Glas ein wenig neigst, kannst du leichter sehen, wie sich die Farbe von der Mitte zum Rand hin verändert. Halt das Glas vor einen weiße Hintergrund, etwa eine Serviette, eine Tischdecke oder einen Bogen Papier, damit du die Farbe besser sehen kannst. Für Weinprofis ist das der erste Hinweis darauf, wie alt ein Wein möglicherweise ist und wie gut er sich gehalten hat. Schau dir die Farbe des Weins an und achte darauf, wie klar er ist. Intensität, Tiefe und Sättigung der Farbe sagen jedoch nicht notwendigerweise etwas über die Qualität aus.
- Der Wein sollte auf keinen Fall trüb wirken.
- Weißweine werden mit zunehmendem Alter normalerweise dunkler, sollten aber niemals braun sein.
- Rotweine verlieren mit der Zeit ihre Farbe, werden bräunlich und lagern etwas harmloses, dunkelrotes Sediment am Boden der Flasche oder des Glases ab. [4] X Forschungsquelle
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Sei dir bewusst, dass Rotweine natürliche Sedimente ablagern. Das sieht aus wie Schmutz am Boden des Glases, ist aber ganz normal. Durch die Polymerisation scheiden sich neben anderen Stoffen die Pigmentkolloide aus der Lösung und es bildet sich feinkörniges Sediment. Anders gesagt: Es ist kein Mangel, sondern gehört zum Herstellungsprozess.
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Schwenk den Wein im Glas herum. Dadurch vergrößerst du seine Oberfläche und sorgst dafür, dass bestimmte Aromastoffe aus der Lösung aufsteigen und deine Nase erreichen können. Außerdem gelangt so Sauerstoff an den Wein und öffnet die Aromen.
- Schwenk den Wein am Stiel des Glases sanft herum. Lass dabei den Boden des Glases auf dem Tisch, wenn du Sorge hast, etwas zu verschütten.
- Viskosität beschreibt, wie schnell der Wein wieder Glas herunterläuft. Weine mit größerer Viskosität haben redensartlich „Beine“. Solche Weine enthalten mehr Alkohol oder auch mehr Glycerol (bei süßeren Dessertweinen). Die Viskosität sieht hübsch aus, sagt aber nichts über die Qualität eines Weins aus. Viele „Beine“ können jedoch darauf hinweisen, dass ein Wein recht vollmundig ist. [5] X Forschungsquelle
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Riech an dem Wein. Du solltest das Glas zu Anfang unter deine Nase halten. Tauch deine Nase etwa einen Zentimeter weit ins Glas. Was riechst du? Schwenk das Glas sanft, wenn du kein Aroma wahrnehmen kannst – durch das Schwenken kann der verdunstende Alkohol die duftenden Partikel in deine Nase steigen lassen. Findest du nicht, dass ein Wein gut riecht, schmeckt er dir vermutlich auch nicht. Guter Wein überzeugt auch die Nase und gibt dir eine Idee von seinem herrlichen Aroma. [6] X Forschungsquelle Übliche Aromen sind:
- Früchte: Beeren, Kirschen und intensive Früchte in Rotweinen, Zitrusfrüchte in Weißweinen.
- Noten von Blumen oder Kräutern in Weißweinen und leichten Rotweinen wie etwa aus der Rhone-Region.
- Erdige Düfte nach Lehm, Mineralien oder Gestein sind in edleren Weißweinen möglich.
- Gewürze und individuelle Noten wie Vanille, Röstaroma, Pfeffer, Schokolade und Kaffee stammen aus den Fässern, in denen Wein gereift ist und die zumeist aus Eiche bestehen. [7] X Forschungsquelle
- Ältere Weine haben oft nuancierte und subtile Aromen, die sich nur schwer benennen lassen, deshalb wundere dich nicht, wenn du nicht darauf kommst, wonach ein Wein riecht.
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Nimm einen Schluck von dem Wein und las ihn im Mund liegen. Ein wichtiger Unterschied zwischen „trinken“ und „verkosten“ ist das Ausspucken. Roll den Wein im Mund herum, sodass er alle deine Geschmacksknospen erreicht. Achte auf die Textur und andere taktile Eindrücke, wie etwa das Gewicht oder den Körper des Weins. Welche geschmacklichen Assoziationen weckt der Wein bei dir? Und: Schmeckt er dir? [8] X Forschungsquelle
- Spuck den Wein in einen dafür vorgesehenen Behälter aus, wenn du ziemlich viele Weine zu probieren planst. Wenn du betrunken bist, kannst du keine komplexen Weine mehr schmecken. Wenn du fährst, solltest du auf jeden Fall ausspucken.
EXPERTENRAT"Wenn du den Wein probierst, denk an die Noten, die du bemerkt hast, als du am Wein gerochen hast. Schau, ob du sie auch im Geschmack wiederfindest."
Samuel Bogue
Weindirektor & -BeraterSamuel Bogue
Weindirektor & -Berater -
Hauch den Wein an, nachdem du den ersten Schluck genommen hast. Schürz deine Lippen, so als wolltest du pfeifen, saug Luft durch den Mund ein und atme durch deine Nase aus. So setzt du weitere Aromen des Weins frei und erlaubst ihnen, deine Sinneszellen über deinen Rachen zu erreichen, die sogenannte Retronasalhöhle. Du kannst die Aromen eines Weins nur mit der Nase wahrnehmen. Die Enzyme und anderen Stoffe in deinem Speichel und deinem Mund jedoch verändern einige der Aromastoffe des Weins. Achte darauf, ob du durch die Reaktion des Weins mit der Flora deines Mundes neue Aromen ausmachen kannst.
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Nimm einen weiteren Schluck, diesmal mit ein wenig Luft. In anderen Worten: Du darfst den Wein schlürfen (möglichst leise natürlich). Achte auf die subtilen Unterschiede im Geschmack und der Textur. Aromen und Gerüche kommen bei guten Weinen in aufeinander folgenden Wellen und werden nach und nach freigesetzt, wenn sich deine Sensoren an den Wein „gewöhnen“.
- Das ist besonders bei Rotweinen wichtig.
- Keine Sorge, du musst dich dabei nicht komisch fühlen. Das gehört zu einer Weinprobe dazu.
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Such nach der Balance in einem guten Wein. Gibt es ein bestimmtes Aroma, das alle anderen überwältigt? Kannst du im Geschmack die gleichen Aromen wahrnehmen, die du zuvor gerochen hast? Gute Weine sind gut ausbalanciert, sodass sie nicht wie ein Angriff auf deine Geschmacksnerven wirken sollten. Du kannst möglicherweise zwei bis drei unterschiedliche Früchte, eine Mischung aus Süße und Säure und einige erdige Charakteristika schmecken.
- Es ist normal, wenn ein Wein ein bisschen bitter schmeckt, aber das sollte dem Geschmack insgesamt keinen Abbruch tun.
- Jeder Wein ist anders – Weißweine und Dessertweine etwa sind gewöhnlich ein bisschen lieblicher. Du suchst nach einer Balance in den Aromen, was auch immer sie sein mögen, nicht nach einer perfekten Balance. [9] X Forschungsquelle
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Achte auf den Nachgeschmack des Weins. Wie lange hält er sich auf der Zunge? Es ist ein Zeichen guter Qualität, wenn du das Aroma noch 60 Sekunden oder länger wahrnehmen kannst. Manchmal bemerkst du im Nachgeschmack Aromen, die du vorher nicht erschmecken konntest. Gefällt dir der Geschmack? Hat er sich verändert?
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Schreib auf, was du über den Wein denkst. Du kannst dazu jede Terminologie nutzen, die sich für dich zutreffend anfühlt. Das Wichtigste, was du aufschreiben solltest, ist dein Eindruck von dem Wein, ob du ihn magst oder nicht. Je detaillierter und spezifischer du den Geschmack beschreibst, desto besser wirst du ihn später mit ähnlichen Weinen aus anderen Kellereien vergleichen können. Viele Weingüter händigen kleine Hefte und Stifte aus, damit sich die Gäste Notizen machen können. Das kann eine große Hilfe dabei sein, genau auf subtile Aromen des Weins zu achten und dich genau daran zu erinnern, was du mochtest und was vielleicht eher nicht.
- Leg ein Heft an, in dem du alle deine liebsten Weine notierst, zusammen mit dem Gericht, mit dem du sie gegessen hast, um dir in Zukunft die Auswahl des richtigen Weins zu erleichtern.
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Benutz die richtigen Gläser für den Wein. Es gibt unterschiedliche Karaffen und Gläser. Erfahrene Weintrinker und Connoisseure trinken ihren Wein oft aus Gläsern, die speziell auf eine bestimmte Sorte abgestimmt sind. Am Anfang reicht es aber, wenn du weißt, dass Rotwein aus größeren und Weißwein aus kleineren Gläsern getrunken wird. [10] X Forschungsquelle
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Lern, wie sich Weine mit der Zeit verändern. Jeder Wein hat eine Myriade von Komponenten, die sich grundsätzlich in aromatisch oder taktil unterscheiden lassen. Aromen sind das, was du riechst. Taktile Elemente sind etwa, ob der Wein bitter, salzig, süß, sauer, scharf oder pikant schmeckt.
- Durch den Alterungsprozess werden die Tannine abgeschwächt, die den bitteren Geschmack in vielen Weinen verursachen.
- Die wahrnehmbare Säure wird ebenfalls mit der Zeit abgemildert, weil der Wein chemische Prozesse durchläuft, die unter anderem dafür sorgen, dass sich Säuren auflösen.
- Geschmack und aromatische Intensität steigern sich zunächst und lassen dann wieder nach, sind gegen Mitte der Lebensdauer des Weins kaum wahrnehmbar und tauchen dann wieder auf.
- Der Alkoholgehalt bleibt annähernd gleich. All diese Faktoren tragen dazu bei, wann man einen bestimmten Wein am besten trinken sollte.
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Merk dir einige übliche Geschmacksnoten verschiedener Weine. Es gibt einige Nuancen, die sich in vielen beliebten Sorten finden. Denk aber immer daran, dass das Anbaugebiet, Ernteentscheidungen und Produktion auch einen großen Einfluss auf den Geschmack des Weins haben.
- Cabernet – schwarze Johannisbeere, Kirsche, andere dunkle Früchte, grüne Gewürze.
- Merlot – Pflaume, rote und dunkle Früchte, grüne Gewürze, floral.
- Zinfandel - dunkle Früchte (oft etwas nach Marmelade) und schwarze Gewürze – oft „dornig“ genannt.
- Shiraz - dunkle Früchte, schwarze Gewürze – vor allem schwarzer und weißer Pfeffer.
- Pinot Noir - rote Früchte, floral, Kräuter.
- Chardonnay – aus kühlem Klima tropische Früchte, aus etwas milderem Klima Zitrusfrüchte und aus warmen Regionen Melone. Mit zunehmendem Anteil an malolaktischer Gärung verliert der Chardonnay den grünen Apfel und nimmt cremige Aromen an, Apfel, Birne, Pfirsich und Aprikose.
- Sauvignon Blanc - Grapefruit, helle Stachelbeere, Limette, Melone.
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Lerne, wie einige häufige Aromen von Weinen entstehen. Ein Weinhersteller muss eine ganze Reihe von Entscheidungen treffen, wenn er einen Wein komponiert, und es würde den Rahmen sprengen, sie alle zu erklären. Einige der häufigsten Methoden und die Aromen, die dabei herauskommen, sind:
- Malolaktische Gärung (das natürliche Entstehen oder künstliche Hinzufügen eines bestimmten Bakteriums) sorgt in Weißweinen für einen cremigen oder buttrigen Geschmack.
- Reifung in einem Eichenfass kann zu einem Aroma von Vanille, Karamell oder Nuss führen.
- Der erdige oder Mineralgeschmack eines Weins ist auf die Erde zurückzuführen, in der er gewachsen ist.
- "Tannine" sind die herben, bitteren Stoffe aus den Schalen, Stielen und Kernen der Trauben, sie finden sich aber auch in den Eichenfässern, in denen der Wein gelagert wird. Wenn du wissen willst, wie Tannine schmecken, beiß in einen Traubenstiel oder iss eine Cabernet-Traube direkt von der Rebe. Bei jungen Rotweinen schmecken die Tannine bitter und trocken, mit zunehmendem Alter werden sie seidiger. [11] X Forschungsquelle
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Kombinier Weine mit neuen Gerichten und achte darauf, wie sich dadurch das Aroma des jeweiligen Weins verändert oder verstärkt. Probier zu Rotweinen unterschiedliche Käsesorten, hochwertige Schokolade und Beeren. Zu weißem Wein solltest du Äpfel, Birnen oder Zitrusfrüchte servieren.
- Zur richtigen Kombination von Wein und Essen gehört mehr als nur „Rot zu rotem Fleisch und Weiß zu weißem Fleisch“. Trink deinen Lieblingswein zu deinem Lieblingsessen, wenn du magst, aber bedenk dabei, dass eine perfekte Paarung ein tolles Geschmackserlebnis sein kann.
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Tipps
- Mach dir nichts draus, wenn du andere Vorlieben hast als andere Menschen. Jeder hat seinen ganz eigenen Geschmack.
- Sind die Tannine zu dominant, gib dem Wein Zeit.
- Probier so genannte „Wine Flights“. Das ist eine tolle Möglichkeit, verschiedene Weine zu probieren und zu vergleichen, wie unterschiedliche Sorten auf unterschiedliche Handhabung reagieren. Solche Flights sind oft ein guter Deal und erlauben dir, drei bis fünf Weine aus einer Gruppe zu probieren, ohne mehrere Flaschen öffnen zu müssen.
- Sprich mit den Leuten, die auf dem Weingut arbeiten. Sie teilen ihr Wissen normalerweise gern, vor allem wenn es um ihren eigenen Wein geht.
Warnungen
- Wenn du eine Bleikaraffe oder Bleigläser benutzt, besteht ein geringes Risiko einer Bleivergiftung, das proportional zur Zeitdauer, die der Wein direkt mit dem Blei in Berührung kommt, ansteigt. Wein aus einer Bleikaraffe sollte unbedingt innerhalb von 48 Stunden ausgetrunken werden, um das Risiko gering zu halten.
- Die meisten Weine halten sich nur einige Tage, wenn sie einmal geöffnet sind. Sie verlieren ihre Frische und ihren Charakter, werde schal und oxidieren.
Referenzen
- ↑ https://bettertastingwine.com/winetasting.html
- ↑ https://www.totalwine.com/wine-guide/decanting-wine
- ↑ https://www.winemag.com/2015/08/25/how-to-taste-wine/
- ↑ https://vinepair.com/wine-101/how-to-look-at-wine/
- ↑ https://www.winemag.com/2015/08/25/how-to-taste-wine/
- ↑ https://www.mensjournal.com/food-drink/five-ways-spot-good-wine
- ↑ https://www.winemag.com/2015/08/25/how-to-taste-wine/
- ↑ https://winefolly.com/review/how-to-taste-wine-develop-palate/
- ↑ https://www.wineenthusiast.com/glassware/wine-glasses