In fast allen Fällen ist die Sexualität eines Menschen reine Privatsache. Nur aus Neugier zu versuchen, die sexuelle Orientierung deiner Freundin herauszufinden, ist nicht nur moralisch fragwürdig, sondern könnte sie auch homophoben Anfeindungen aussetzen. Wenn sich deine Freundin jedoch in dich verliebt hat oder du dich in sie, dann musst du das Thema mitunter ansprechen. Anstatt zu versuchen, die Frage ihrer sexuellen Orientierung zu beantworten, solltest du dir deiner Beweggründe bewusst werden: Versuchst du die Situation zu entschärfen, damit ihr einfach nur befreundet bleiben könnt, oder möchtest du gerne, dass aus eurer Freundschaft mehr wird? Egal, auf welcher Seite du stehst, erfordert dieses Thema Feingefühl, um zu vermeiden, dass eure Freundschaft Schaden nimmt.
Vorgehensweise
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Respektiere das Recht deiner Freundin auf Privatsphäre. Ihre sexuelle Orientierung geht nur sie etwas an. Wenn du jedoch denkst, dass sie in dich verliebt ist, kannst du dabei helfen, die Situation zu entschärfen und eure Freundschaft zu retten. Falls dies dein Ziel ist, solltest du deine Vorgehensweise nochmals überdenken. Du musst deine Freundin nicht dazu bringen, dir ihre Liebe zu gestehen. Ihr müsst einfach nur zu einer unkomplizierten Freundschaft zurückfinden.
- Deine Annahme, dass deine Freundin lesbisch ist, solltest du niemals anderen gegenüber äußern. Ganz egal, wie fortschrittlich gesinnt deine Schule oder deine Stadt ist, deine Freundin könnte wegen des Gerüchts trotzdem gemobbt oder belästigt werden, selbst wenn es nicht wahr ist.
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Suche nach Anzeichen. Du musst dir nicht hundertprozentig sicher sein, bevor du etwas tust. Du wirst wahrscheinlich trotzdem misstrauisch sein oder weiterhin Zweifel haben, bis die Frage geklärt ist. Solltest du jedoch zögerlich oder unsicher sein, dann kannst du auf die folgenden Anzeichen achten, die darauf hindeuten könnten, dass sich deine Freundin zu dir hingezogen fühlt:
- Körperliche Berührungen sind in Freundschaften unter Frauen nichts Ungewöhnliches, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn deine Freundin beim Spazierengehen deine Hand hält, dir Massagen gibt oder dich ungewöhnlich lange umarmt, dann könnte sie in dich verliebt sein. (Die Grenzen sind in jeder Kultur etwas anders, daher gelten diese Beispiele nicht für alle Länder.)
- Sie kontaktiert dich ständig und regt sich auf, wenn du dir mit der Antwort etwas Zeit lässt.
- Sie wird ärgerlich, wenn du mit anderen Freunden Zeit verbringst, anstatt mit ihr.
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Sprich das Thema behutsam an. Es gibt Methoden, um die Situation zu entschärfen, ohne zu tief in das Privatleben deiner Freundin einzugreifen. Stelle in einem persönlichen Gespräch, ohne sie in Verlegenheit zu bringen, klar, dass du kein Interesse an ihr hast. Nachstehend findest du ein paar Andeutungen, die du machen könntest (benutze sie aber nur, wenn sie auf dich zutreffen):
- „Ich möchte wirklich gerne, dass wir beste Freunde bleiben. Können wir das?“
- „Ich würde gerne mit einem Jungen ausgehen.“
- „Ich fände es gut, wenn wir mehr Zeit zusammen mit unseren anderen Freunden verbringen würden, anstatt immer nur zu zweit zu sein. Wäre das okay für dich?“
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Kläre gemischte Signale auf. Wenn ihr geschmust, euch geküsst oder etwas anderes gemacht habt, das deiner Freundin das Gefühl geben könnte, dass mehr zwischen euch ist, dann halte inne und frage dich, warum es dazu kam. Wenn du definitiv kein Interesse daran hast, deine Freundin zu daten, dann kann dein Verhalten zu Liebeskummer führen. Setze neue Grenzen für eure Beziehung, selbst wenn es zu einem Streit führt.
- Sage „Ich finde, dass wir aufhören sollten, ( zu schmusen/beieinander zu übernachten usw. ) Ich möchte keine falschen Signale aussenden.“
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Sprich sie direkt darauf an. Wenn deine Freundin auf die Veränderungen in eurer Beziehung nicht so gut reagiert, dann musst du das Thema direkt ansprechen. Wenn deine Freundin z.B. auf deine Dates oder andere Freunde eifersüchtig ist oder wenn sie sich jedes Mal aufregt, wenn du nicht mit ihr Zeit verbringst, dann ist sie wahrscheinlich in dich verliebt. Unter diesen Umständen könnte ein vertrauliches Gespräch von Frau zu Frau deine einzige Option sein.
- Frage deine Freundin, ob sie Gefühle für dich hat. Zwinge sie nicht zu einer Antwort und stelle ihre Antwort auch nicht in Frage.
- Egal, wie ihre Antwort ausfällt, lasse sie wissen, dass du keine romantischen Gefühle für sie hast.
- Wenn du heterosexuell bist, dann sage es ihr. Solltest du ebenfalls lesbisch oder dir deiner sexuellen Orientierung nicht sicher sein, dann wäre es nicht so gut, ihr dies im selben Gespräch zu eröffnen.
- Wenn sie ärgerlich oder ängstlich reagiert, weil du ihre sexuelle Orientierung angesprochen hast, dann sage etwas Entschärfendes wie „Wir müssen nicht darüber sprechen“ oder „Keine Sorge, es geht mich nichts an – ich wollte es einfach nur klarstellen“. Die Hauptsache ist, dass du den wichtigen Teil nicht vergisst: Du hast keine Gefühle für sie.
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Gewinnt etwas Abstand zueinander. Falls sich herausstellt, dass deine Freundin an dir interessiert ist, dann wird sie nun wenigstens ein wenig Liebeskummer haben. Schlage daher vor, dass ihr erst einmal keine Zeit miteinander verbringt, bis ihr das Ganze verarbeitet habt. Versucht, für wenigstens zwei Wochen keinen Kontakt zueinander zu haben. Sobald ihr euch beide dazu bereit fühlt, lasst eure Freundschaft mit kurzen, zwanglosen Treffen (z.B. einem halbstündigen Mittagessen an einem öffentlichen Platz) langsam wieder aufleben. Zeige ihr ganz klar, dass du noch immer ihre Freundin bist und möchtest, dass eure Freundschaft bestehen bleibt.
- Wenn deine Freundin ihre sexuelle Orientierung in Frage stellt, könnte dies eine sehr schwierige Zeit für sie sein. Erzähle ihr, dass es im Internet Informationen zu LGBT-Themen und besondere Hotlines gibt, die ihr helfen könnten. (Wenn sie eindeutig in dich verliebt war, es aber nicht gestanden hat, dann könntest du ihr einfach sagen, dass es im Internet über „das, was sie durchmacht“ Informationen gibt.)
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Sei mitfühlend. Das geistige und körperliche Wohlergehen von nicht-heteronormativen Menschen verbessert sich, wenn sie ein starkes Umfeld haben, das sie akzeptiert und unterstützt. [1] X Vertrauenswürdige Quelle PubMed Central Weiter zur Quelle Ebenso wie deine Freundin deine sexuelle Identität respektiert, solltest du auch ihre respektieren. Wenn sie deine beste Freundin ist und ihr in der Lage seid, jedwede körperliche Zuneigung (falls vorhanden) hinter euch zu lassen, dann muss sich eure Freundschaft nicht verändern. Unterstütze sie, sei ihre Verbündete und schätze sie als Mensch weiterhin.
- Wenn deine Freundin aufgrund ihrer Identität unter negativen Gefühlen leidet, kannst du sie trotzdem unterstützen. Sie mit anderen homosexuellen Frauen bekannt zu machen, zu bitten, dass sie sich therapeutische Hilfe sucht, ihr positives Selbstkonzept zu fördern und sie zu ermutigen, ihre Sexualität als Teil ihrer Identität zu akzeptieren, kann zu positiven Ergebnissen führen. [2] X Forschungsquelle
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Erkenne deine Ziele. Wenn du eine Frau bist und dich in deine beste Freundin verliebt hast, dass ist es ganz natürlich, dass du dich fragst, ob du bei ihr Chancen hättest. Doch bevor du mit den entscheidenden Fragen beginnst, solltest du dich selbst nach deinen Zielen fragen:
- Sexuelle Anziehung in einer Freundschaft ist oft ein Hindernis und sie lässt auch nicht einfach nach, falls du herausfindest, dass deine Freundin heterosexuell ist. Manchmal ist es aber wichtig, dass du deine Gefühle offenbarst, unabhängig davon, was deine Freundin empfindet.
- Allerdings könnte eure Freundschaft enden, wenn deine Gefühle nicht erwidert werden (was oft der Fall ist). Wenn das Ende eurer Freundschaft für dich niederschmetternd wäre und du kein unterstützendes Netzwerk hast, um dir zu helfen (insbesondere wenn du dich noch nicht geoutet hast), dann wäre es nicht ratsam, deine Pläne in die Tat umzusetzen. Verbringe stattdessen wenigstens ein paar Wochen von deiner Freundin getrennt, um herunterzukommen und eure Freundschaft auf einer weniger intensiven Ebene fortfahren zu lassen.
- Wenn du dir deiner sexuellen Orientierung unsicher bist oder du dich, obwohl du heterosexuell bist, in deine Freundin verliebt hast, dann konzentriere dich auf dich selbst anstatt auf sie. Suche im Internet nach Informationen zu dem Thema oder einer LGBT-Begegnungsstätte, um dir bei deiner Identitätskrise zu helfen.
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Erkenne Hinweise auf die Sexualität deiner Freundin. In Sachen Liebe können deine Wunschvorstellungen dein Urteilsvermögen trüben. Wenn deine Freundin in der Vergangenheit mit Männern ausgegangen ist oder dir gesagt hat, dass sie in einen Mann verliebt ist, dann ist es recht wahrscheinlich, dass sie heterosexuell ist.
- Es gibt keine offensichtlichen Zeichen, die bedeuten, dass jemand homosexuell ist, insbesondere wenn sich die Person noch nicht geoutet hat. Deine Freundin auf diese Art und Weise zu analysieren ist fast unmöglich, insbesondere wenn deine eigenen Gefühle dein Urteilsvermögen trüben.
- Wenn sich deine Freundin zu dir hingezogen fühlt, dann könnte sie längeren körperlichen Kontakt einleiten (z.B. lange Umarmungen) oder dich ständig fragen, ob du Zeit mit ihr verbringst. Leider ist es aber schwierig, dies von einer engen Freundschaft unter Frauen zu unterscheiden, insbesondere wenn sie auf deinen eigenen Wunsch nach engerem Kontakt reagiert.
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Sprich mit einer vertrauten Person. Wenn möglich, solltest du mit einer vertrauten Person über die Situation sprechen (vorzugsweise einem Freund, bei dem du dich bereits geoutet hast oder outen kannst). Diese Person wird eine weniger gefärbte Sichtweise dazu haben, ob deine Freundin Interesse an dir hat, und du kannst mit ihr über deine Gefühle sprechen. Setze dies nur in die Tat um, wenn du dich dazu entschieden hast, dass es wichtig genug ist, um eure Freundschaft zu riskieren.
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Finde heraus, wie sie auf LGBT-Themen reagiert. Bevor du deiner Freundin alles beichtest, wäre es gut, ihre Meinung zu homosexuellen Beziehungen herauszufinden. Wie reagiert sie auf fiktive oder reale homosexuelle Paare? Unterstützt sie die Lesben- und Schwulenrechte? Doch auch wenn sie tolerant wirkt, bedeutet dies nicht, dass sie lesbisch ist – es erleichtert dir aber, den nächsten Schritt einzuleiten. Wenn sie mit Abscheu auf das Thema reagiert, wäre es unklug, das Gespräch weiterzuführen.
- Eine Methode, um das Thema anzusprechen, wäre ihr gegenüber zu erwähnen, dass du überlegst, zu einer Veranstaltung der Gay Straight Alliance zu gehen, was dich lediglich als Verbündete der Toleranzbewegung „outet“.
- Manche Menschen, die in einem homophoben Umfeld aufgewachsen sind, haben eine negative Einstellung zu Homosexualität, obwohl sie sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen. Wenn deine Freundin auf das Thema abwehrend reagiert oder gemischte Signale aussendet, dann braucht sie vielleicht mehr Zeit, um sich ihrer Sexualität sicher zu werden. Dies kannst du nicht für sie tun.
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Oute dich deiner Freundin gegenüber . Wenn du dich mit deiner sexuellen und geschlechtlichen Identität wohlfühlst und deine Freundin eine LGBT-Verbündete (oder zumindest nicht gegen sie) ist, dann besteht der nächste Schritt darin, deiner Freundin zu sagen, dass du lesbisch bist.
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Sprich deine Gefühle nur kurz an. Dies ist der entscheidende Moment und, so traurig es ist, die Antwort fällt selten nach deinen Wünschen aus. Doch auch wenn du nicht mehr weitermachen kannst, ohne deine Gefühle zu gestehen, solltest du deiner Freundin nicht dein ganzes Herz ausschütten. Erzähle ihr, was los ist, doch tue dies auf eine Art und Weise, die sie oder eure Freundschaft nicht zu stark unter Druck setzt. Dies hängt sehr stark von eurer Freundschaft und den Gesprächen ab, die ihr geführt habt. Nachstehend findest du aber ein paar Beispiele, wie du das Thema einleiten könntest:
- „Ich finde dich attraktiv, aber unsere Freundschaft steht für mich an erster Stelle.“
- „Ich habe schon seit Längerem Gefühle für dich. Ich brauche nur etwas Zeit für mich, um einen klaren Kopf zu bekommen.“
- (scherzhaft) „Ich wünschte, ich könnte eine Partnerin finden, die so nett ist wie du!“
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Warte auf ihre Reaktion. Deine Freundin weiß nun über deine Gefühle Bescheid. Es könnte aber sein, dass sie noch nicht dazu bereit ist, über ihre eigene Sexualität zu sprechen, oder ihre Meinung zu deinem Geständnis zu äußern. Sie direkt zu fragen hilft wahrscheinlich nicht: Wenn sie deine Gefühle erwidert, hätte sie es gewiss gesagt. Beende das Gespräch vorerst und gib ihr Zeit, um das Gehörte zu verarbeiten. Ihr beide solltet euch vielleicht für eine Weile nicht sehen, bis sich die Wogen geglättet haben.Werbeanzeige
Tipps
- Wenn sich deine Freundin dir gegenüber outet, kannst du sie unterstützen, ohne dass es zu großen Veränderungen in eurer Freundschaft kommt. Ihre Identität hat weder Auswirkungen auf deine Identität noch macht sie dich oder dein Umfeld zu Aktivisten der Lesben- und Schwulenbewegung. Du kannst deine Unterstützung mit einfachen Aussagen wie „Ich finde, ihr beide seid ein tolles Paar“, „Du wirkst in letzter Zeit viel glücklicher“ oder „Ich habe noch nie gesehen, dass du dich so wohl in deiner Haut fühlst“ ausdrücken.
- Vergiss nicht, dass die sexuelle Orientierung Teil der Selbstidentität ist. Deine Freundin möchte ihre Orientierung genauso wenig ändern wie du deine. Wenn sie dir ihre sexuelle Orientierung offenbart, solltest du sie weder anzweifeln noch hinterfragen, sondern sie so respektieren, wie sie gesehen werden möchte. Positive Reaktionen sind für ihr allgemeines Wohlbefinden und ihr persönliches Wachstum am besten. [3] X Vertrauenswürdige Quelle PubMed Central Weiter zur Quelle
- Wenn deine Freundin homosexuell ist, solltest du nicht automatisch davon ausgehen, dass sie sich zu jeder Frau hingezogen fühlt. Es ist einfach nur albern, zu denken, dass sie jede Frau attraktiv findet. Sie hat Vorlieben wie jeder andere Mensch auch. Fange nicht an, dich wegen einer Sache komisch zu verhalten, die dich letztendlich nichts angeht, da dies eure Freundschaft gefährden könnte.
- Meide Hassreden und beleidigende Ausdrücke. Es ist recht einfach, ihre Sexualität geradeheraus zu benennen, ohne sie zu beleidigen. Der Begriff „lesbisch“ wäre eine gute, nicht beleidigende Wahl.
Warnungen
- Versuche nicht, die sexuelle Orientierung deiner Freundin zu hinterfragen oder zu ändern. Die Reparativtherapie funktioniert nicht und kann ernsthafte seelische Schäden verursachen, einschließlich einer stärkeren Selbstmordgefahr. [4] X Forschungsquelle Nicht-Heterosexuelle sind weder geistig krank noch haben sie Angst vor ihrer erwarteten sexuellen oder geschlechtlichen Rolle.
- Verlasse dich nicht auf Klischees, um ihre sexuelle Orientierung zu erkennen. Menschen sind keine Stereotypen. Die Identität und die Beziehungen deiner Freundin zu unterstützen ist für ihre geistige Gesundheit enorm wichtig. Setze Menschen, die in der Gesellschaft mehrere Arten der Unterdrückung ertragen müssen, keinem unnötigen Stress oder Schwierigkeiten aus.
- Du darfst andere nicht outen. Es geht nur deine Freundin etwas an, wer ihre sexuellen Vorlieben kennt. Oft ist es sogar gefährlich, sich öffentlich als homosexuell zu erkennen zu geben, selbst in Schulen in liberalen Gegenden. [5] X Forschungsquelle Oft kommt es als Folge des Coming-outs auf der beruflichen und/oder sozialen Ebene zu äußerst negativen Reaktionen und es steht dir nicht zu, deiner Freundin dies zuzumuten.
Referenzen
- ↑ http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26298574
- ↑ http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1300/J082v14n01_05#.Vd1o3fSKT3U
- ↑ http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26182185
- ↑ http://www.hrc.org/resources/the-lies-and-dangers-of-reparative-therapy
- ↑ http://www.jahonline.org/article/S1054-139X%2801%2900415-3/abstract