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Emotionale Sensibilität ist gut, aber ab einem bestimmten Grad kann sie auch problematisch werden. Lerne, mit deinen starken Gefühlen so umzugehen, dass sie zu deinen Verbündeten werden, nicht zu deinen Feinden. Übermäßige Sensibilität kann dazu führen, dass du dich beleidigt und gekränkt fühlst, wo es gar keinen Anlass dafür gibt oder von deinem Gegenüber zumindest nicht beabsichtigt war. Wenn du ganz normale und alltägliche Interaktionen immer wieder falsch interpretierst, sorgt das womöglich dafür, dass du dein Leben nicht mehr so glücklich und gesund führen kannst, wie du das normalerweise würdest. Achte immer darauf, dass du eine gute Balance zwischen deiner Sensibilität und deinem gesunden Menschenverstand, deinem Selbstbewusstsein und einer guten Position Widerstandsfähigkeit aufrecht erhältst, damit du dich nicht durch überzogene Reaktionen immer wieder selbst unter Stress setzt.

Teil 1
Teil 1 von 3:

Deine Gefühle erforschen

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  1. Neurowissenschaftler haben entdeckt, dass zumindest ein Teil unser Fähigkeit zu emotionaler Empfindsamkeit mit unseren Genen zusammenhängt. Demnach sind etwa 20% der Weltbevölkerung „hochsensibel“, also empfänglicher für unterschwellige Stimuli, die die meisten Menschen gar nicht wahrnehmen, und sie empfinden diese Stimuli wesentlich intensiver. [1] Diese erhöhte Sensibilität wird mit einem Gen in Verbindung gebracht, das wiederum ein Hormon namens Norepinephrin beeinflusst, ein Stresshormon, welches in deinem Gehirn auch als Neurotransmitter und Auslöser für Aufmerksamkeit und bestimmte Reaktionsweisen funktioniert. [2]
    • In einigen Fällen wird extreme Sensibilität auch mit Oxytocin in Verbindung gebracht, dem Hormon im menschlichen Körper, das für Liebe und Bindungen verantwortlich ist. Oxytocin kann tatsächlich eine hochgradige Sensibilität auslösen. Wenn du von Natur aus höhere Oxytocinwerte hast, dann sind eventuell auch deine angeborenen Fähigkeiten zu sozialem Denken erhöht, was dich kleine Hinweise leichter wahrnehmen, sie aber leider möglicherweise auch missinterpretieren lässt.
    • Unterschiedliche Gesellschaften reagieren unterschiedlich auf hochsensible Menschen. In vielen westlichen Kulturen werden Menschen mit einer stark ausgeprägten Sensibilität eher als schwach oder nicht besonders widerstandsfähig missverstanden, und nicht selten haben sie deshalb ganz schön zu leiden. Das ist aber nicht überall auf der Welt so. In vielen Gesellschaften wird diese besondere Empfindsamkeit als Geschenk und Gabe angesehen, weil diese Menschen auch ein besonderes Verständnis und Einfühlungsvermögen für andere haben. Letztlich ist es nur eine Charaktereigenschaft, aber es kann eben je nach Kulturkreis, Geschlecht und familiärem und schulischem Umfeld sehr unterschiedlich bewertet werden.
    • Es ist zwar möglich (und auch wichtig!), zu lernen, wie du deine Emotionen effektiver beeinflussen und regulieren kannst, wenn du von Natur aus sehr sensibel bist, aber du musst trotzdem ebenfalls lernen, diese Seite an dir zu akzeptieren. Du wirst niemals eine völlig andere Person werden können, versuch es erst gar nicht. Verwende deine Energie stattdessen lieber darauf, die bestmögliche Version von dir zu werden. [3]
  2. Wenn du dir noch nicht ganz sicher bist, ob du tatsächlich hochsensibel bist, kannst du das mit einigen unterschiedlichen Methoden herausfinden. Zunächst kannst du einen (seriösen!) Test machen, wie du ihn im Internet oder Psychologieratgebern und -zeitschriften finden kannst. [4] Die darin gestellten Fragen können dir helfen, deine Gefühle und Erfahrungen zu reflektieren und einzuordnen.
    • Werte dich und deine Antworten nicht. Beantworte alle Fragen ehrlich. Wenn du mehr über die Ausprägung deiner Sensibilität gelernt hast, kannst du dich darauf konzentrieren, wie du sie in konstruktivere Bahnen leitest.
    • Denk dran, es geht nicht darum der zu sein der du gerne sein würdest. Antworte ehrlich, ob du eine sensible Person bist oder eher eine, die sensibler ist als sie zugibt.
  3. Es kann dir helfen, deine Emotionen nachzuvollziehen und besser einzuordnen, wenn du sie in einem „Gefühlstagebuch“ niederschreibst. [5] Du wirst dadurch besser erkennen können, was genau bei dir übermäßig emotionale Reaktionen auslöst. Außerdem kannst du dadurch lernen, wann welche Reaktion in welcher Intensität angemessen ist. [6]
    • Versuch es doch gleich mal, indem du aufschreibst, wie du dich jetzt in diesem Moment fühlst, und arbeite dich von dort aus zurück zu dem Auslöser des momentanen Gefühles. Bist du im Moment nervös? Was ist im Laufe des Tages bisher passiert, was das Gefühl erzeugt haben könnte? Möglicherweise stellst du fest, dass ganz kleine Ereignisse in dir große emotionale Reaktionen auslösen kann. [7]
    • Du kannst dir selbst zu jedem Eintrag einige Fragen stellen, wie zum Beispiel:
      • Wie fühle ich mich in diesem Moment?
      • Was hat meiner Meinung nach diese Reaktion ausgelöst?
      • Was brauche ich, wenn ich diese Gefühle haben?
      • Hatte ich genau dieses Gefühl früher schon einmal?
    • Du kannst deine Einträge auch timen. Schreibe einen Satz wie „Ich fühle mich traurig“ oder „Ich fühle mich wütend“ auf. Dann stelle dir einen Timer auf zwei Minuten und schreibe innerhalb dieser Zeit alles auf, was du in deinem Leben mit diesem Gefühl verbindest. Unterbrich nicht, um Dinge zu korrigieren oder zu bewerten, sondern schreib einfach wild drauflos. [8]
    • Wenn du das getan hast, schau dir an, was du geschrieben hast. Kannst du bestimmte Muster erkennen? Stehen hinter einzelnen Reaktionen bestimmte Emotionen? Nervosität entspringt oft aus Angst, Traurigkeit aus Verlust, Wut aus dem Gefühl, angegriffen zu werden, usw. [9]
    • Du kannst auch versuchen, ein bestimmtes Ereignis zu untersuchen. Vielleicht hat dich neulich im Bus jemand auf eine Art angesehen, die du als Kritik an deinem Äußeren gewertet hast. Das hat womöglich deine Gefühle verletzt und jetzt bist du traurig oder wütend. Erinnere dich an zwei Dinge: 1. Du weißt nicht, was in den Köpfen anderer Menschen vor sich geht. Und 2. ist es völlig egal, was andere von dir denken. Dieser „dumme Blick“ bezog sich vielleicht auf etwas ganz anderes und überhaupt nicht auf dich. Und selbst wenn es so war, na und? Die Person kennt dich nicht und hat keine Ahnung von deinen vielen Eigenschaften, die dich zu einem so wunderbaren Menschen machen!
    • Denke daran, beim Schreiben regelmäßig zu üben, Mitgefühl mit dir selbst zu haben. Verurteile dich nicht für deine Gefühle. Erinnere dich daran, dass du vielleicht nicht in der Lage bist, deine Gefühle zu kontrollieren, aber sehr wohl deine Reaktionen auf diese Gefühle steuern kannst. [10]
  4. Leider werden hochsensible Menschen oft Opfer von Beleidigungen und Mobbing und müssen sich Dinge wie „Heulsuse“ oder „Memme“ nennen lassen. Was noch schlimmer ist: Manchmal werden diese Beleidigungen zu beschreibenden Bezeichnungen, die andere Menschen benutzen, wenn sie über dich sprechen. Mit der Zeit glaubst du diesen Blödsinn womöglich und beginnst, dich auch selbst nur noch so zu sehen. Anstatt in dir die zugegebenermaßen sensible Person zu sehen, die vielleicht etwas häufiger weint als andere, aber doch längst nicht ständig, konzentrierst du dich nur noch auf diesen einen Aspekt deiner Persönlichkeit. Das kann sehr problematisch werden, da die Gefahr besteht, dass du dich nur noch darüber definierst. [11]
    • Tritt diesen negativen Etiketten entgegen, indem du sie neu bewertest. Nimm das Etikett , zieh es einfach wie ein Pflaster ab und betrachte die Situation in einem größeren Zusammenhang.
    • Zum Beispiel: Ein Mädchen weint aus Enttäuschung und jemand sagt im Vorbeigehen „Heulsuse“. Anstatt sich diesen blöden Spruch zu Herzen zu nehmen, sagt sie sich: „Ich weiß, dass ich keine Heulsuse bin. Ich weiß ja, dass ich manchmal ziemlich emotional reagiere. Manchmal weine ich, wo andere das nicht tun würden. Ich arbeite an mir, damit ich bald auch in der Lage bin, angemessener auf Situationen zu reagieren. In jedem Fall ist es echt abartig, jemanden zu beleidigen, der sowieso schon weint. Das würde ich nie tun. Lieber bin ich empfindlich als so ein Idiot.“
    EXPERTENRAT

    Chloe Carmichael, PhD

    klinische Psychologin
    Chloe Carmichael, PhD, ist eine zugelassene klinische Psychologin, die eine private Praxis in New York City betreibt. Mit mehr als einem Jahrzehnt psychologischer Beratungserfahrung ist Chloe auf Beziehungsprobleme, Stressmanagement, Selbstwertgefühl und Karriere-Coaching spezialisiert. Chloe hat auch Grundkurse an der Long Island University unterrichtet und war als Lehrbeauftragte an der City University of New York tätig. Chloe hat ihren Doktor in klinischer Psychologie an der Long Island University in Brooklyn, New York, gemacht und ihre klinische Ausbildung am Lenox Hill Hospital und Kings County Hospital absolviert. Sie ist von der American Psychological Association zugelassen und ist die Autorin von "Nervous Energy: Harness the Power of Your Anxiety".
    Chloe Carmichael, PhD
    klinische Psychologin

    Unsere Expertin stimmt zu: Drück dir nicht selbst ein Etikette auf, sondern deinen Gefühlen. Lerne, eine Emotion mit einem Namen wie Scham, Angst oder Aufregung zu assoziieren. Deine Gefühle zu etikettieren ist normalerweise beruhigend.

  5. Womöglich weißt du ganz genau, was der Auslöser in einer Situation war – oder aber du weißt es eben nicht. Dein Gehirn hat vielleicht längst eine Art automatisches Reaktionsmuster für bestimmte Stimuli entwickelt, etwa für Stresssituationen. Mit der Zeit wird aus einem Muster eine Angewohnheit, und schließlich reagierst du einfach auf eine bestimmte Art, ohne noch darüber nachzudenken. [12] Zum Glück ist es möglich, dein Gehirn wieder „umzuprogrammieren“ und neue Muster anzulegen.
    • Das nächste Mal, wenn du eine starke Emotion verspürst, etwa Panik, Nervosität oder Wut, halte bei dem, was du gerade tust, inne und lenke deinen Fokus auf deine Sinneseindrücke. Was machen deine fünf Sinne gerade? Bewerte deine Empfindungen nicht, aber nimm sie bewusst wahr.
    • Dies ist eine Übung zur „Selbstbeobachtung“, die dir helfen kann, die vielen unterschiedlichen „Informationsströme“ aufzutrennen, aus denen deine Erfahrungen bestehen. Oftmals fühlen wir uns von einer Emotion überwältigt, sind überfordert und können die Flut von Emotionen und Sinneseindrücken, die ständig auf uns einprasseln, gar nicht mehr sortieren. Hier hilft es, zu entschleunigen, sich auf sich selbst zu besinnen und sich auf seine ganz eigenen Sinne zu konzentrieren. Trenne ganz bewusst die einzelnen Informationsströme voneinander, dann kann dein Gehirn seine „Automatismen“ und Angewohnheiten neu strukturieren. [13]
    • Zum Beispiel ist es möglich, dass dein Gehirn auf Stress damit reagiert, dass es deinen Puls in schwindelerregende Höhen treibt, was dich hibbelig und nervös machen kann. Wenn du aber weißt, dass das die ganz normale Reaktion deines Körpers auf einen bestimmten Reiz ist, dann kannst du deine Reaktion ganz anders interpretieren und erklären.
    • Auch hierbei kann das Führen eines Tagebuchs helfen. Jedes Mal, wenn du merkst, dass du emotional reagierst, beschreibe genau den Moment, in dem du gemerkt hast, dass deine Emotionen die Kontrolle übernehmen. Was hast du gefühlt, was haben deine Sinne wahrgenommen, was hast du gedacht? Wie war die Umstände der Situation? Bewaffnet mit diesem Wissen kannst du dich selbst darauf hin trainieren, anders auf bestimmte Situationen zu reagieren.
    • Manchmal können Sinneserfahrungen wie der Aufenthalt an einem bestimmten Ort oder allein ein vertrauter Duft eine emotionale Reaktion hervorrufen. Das hat nicht immer etwas mit „Hochsensibilität“ zu tun. So kann es durchaus sein, dass der Duft von frisch gebackenem Apfelkuchen dich traurig macht, weil du früher immer mit deiner Oma Apfelkuchen gebacken hast, die nun leider verstorben ist. Es ist gut und richtig, diese Reaktion anzunehmen. Vertiefe dich für einen Moment ganz bewusst in dieses Gefühl und führe dir vor Augen, warum dieser Auslöser genau diesen Effekt hat: „Ich fühle mich traurig, weil ich es immer sehr genossen habe, mit Oma Apfelkuchen zu backen. Ich vermisse sie.“ Dann, wenn du das Gefühl gewürdigt hast, machst du etwas Positives daraus: „Ich werde heute in Erinnerung an meine liebe Omi einen Apfelkuchen backen!“
  6. Co-abhängige Beziehungen zeichnen sich durch das Gefühl aus, dass dein Wert als Person, dein Selbstbewusstsein und deine ganze Identität von den Aktionen und Reaktionen einer anderen Person abhängen. Du fühlst dich, als ob der Sinn deines Lebens darin besteht, für deinen Partner da zu sein und Opfer für ihn zu bringen. Du bist am Boden zerstört, wenn dein Partner dich, deine Gefühle oder deine Handlungen kritisiert. Co-Abhängigkeit ist leider in romantischen Beziehungen gar nicht so selten, und vorkommen kann sie in jeder Art von Beziehung. Dies sind einige Anzeichen für eine Co-Abhängigkeit: [14] [15]
    • Du hast das Gefühl, dass deine Zufriedenheit mit deinem Leben von einer einzigen Person abhängt.
    • Du erkennst sehr wohl, dass dein Partner dir gegenüber schlechte Verhaltensweisen zeigt, aber du bleibst dennoch bei ihm oder ihr.
    • Du würdest alles tun und aufgeben, um deinen Partner zu unterstützen, selbst wenn du dafür deine eigenen Bedürfnisse oder deine Gesundheit außer Acht lassen musst.
    • Du hast permanent Angst, dass er oder sie dich verlassen könnte.
    • Du hast das Gespür für persönliche Grenzen verloren.
    • Du kannst nur sehr schwer oder gar nicht „nein“ zu irgendjemandem oder irgendetwas sagen.
    • Du reagierst auf Gedanken und Gefühle anderer damit, dass du entweder ganz ihrer Meinung bist oder sofort in die Defensive gehst.
    • Co-Abhängigkeit ist behandelbar. Professionelle psychologische Behandlung ist hier sicher die beste Idee, aber es gibt auch Selbsthilfegruppen wie die Anonymen Co-Abhängigen, die dir helfen könnten. [16]
  7. Die Auseinandersetzung mit deinen Gefühlen, insbesondere in empfindsamen Bereichen, ist harte Arbeit. Setze dich nicht zu sehr unter Druck. Es ist psychologisch erwiesen, dass man seinen Komfortbereich verlassen muss, wenn man sich entwickeln will, aber wenn du zu schnell zu viel willst, riskierst du große Rückschläge. [17]
    • Mach „Termine“ mit dir selbst, zu denen du deine Gefühlslage genau unter die Lupe nimmst. Das können zum Beispiel jeden Tag 30 Minuten sein. Wenn du dein emotionales Tagwerk dann vollbracht hast, gönne dir eine Auszeit, in der du etwas tust, was dich entspannt und dir Spaß macht.
    • Mache dir bewusst, wenn du merkst, dass du es zu vermeiden versuchst, über deine Sensibilität nachzudenken, weil es sich unangenehm oder schwierig anfühlt. Aufschieben und Verdrängen geschehen oft aus Angst: Wir haben Angst davor, dass ein Erlebnis unangenehm wird, und deshalb schieben wir es vor uns her. Erinnere dich daran, dass du stark genug bist, um das hier zu schaffen, und dann geh es an! [18]
    • Wenn du nur sehr schwer die Entschlossenheit in dir finden kannst, dich deinen Emotionen zu stellen, dann setze dir zunächst erreichbare Ziele. Beginne mit 30 Sekunden, wenn du magst. Du musst zunächst nichts anderes tun, als dich für 30 Sekunden deinen Emotionen zu stellen. Das schaffst du! Wenn du es geschafft hast, versuche es noch einmal für 30 Sekunden. Du wirst bald merken, dass deine kleinen Meilensteine dich bald auf den richtigen Weg bringen werden.
  8. Sich von seiner Hochsensibilität zu befreien, bedeutet nicht, dass du nichts mehr fühlen darfst. Tatsächlich kann es sehr schädlich sein, seine Emotionen zu unterdrücken oder zu verleugnen. [19] Stattdessen sollte es dein Ziel sein, „unangenehme“ Emotionen wie Wut, Verletzung, Angst oder Trauer – die für deine emotionale Gesundheit ebenso wichtig sind wie die „positiven“ Emotionen Freude und Glück – anzunehmen, ohne sie die Kontrolle übernehmen zu lassen. Versuche, deine Gefühle ins Gleichgewicht zu bringen.
    • Versuche, für dich selbst einen „sicheren Raum“ zu schaffen, in dem du alles ausdrücken kannst, was du fühlst. Wenn du mit einem traurigen Verlust zu kämpfen hast, nimm dir jeden Tag eine Weile ganz ungestört Zeit, deinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. [20] Stelle dir einen Timer und dann schreibe über deine Gefühle, weine, sprich mit dir selbst – was immer dir gut tut, tu es. Wenn die Zeit abgelaufen ist, mach mit deinem normalen Tagesablauf weiter. Du wirst dich den ganzen Tag über besser fühlen, weil du weißt, dass du deine Gefühle nicht verdrängt hast. Außerdem musst du das Gefühl nicht mehr für den Rest des Tages mit dir herumschleppen, was dir sowieso nur schaden würde. [21] Allein das Wissen, dass du in deinem „sicheren Raum“ Zeit und Ruhe hast, alle deine Gefühle loszulassen, wird es dir leichter machen, deinen täglichen Pflichten nachzukommen.
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Teil 2
Teil 2 von 3:

Deine Gedanken analysieren

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  1. Kognitive Verzerrungen sind schädliche Denk- und Reaktionsmuster, die dein Gehirn sich mit der Zeit angeeignet hat. Du kannst lernen, diese zu identifizieren, wenn sie auftreten. [22]
    • Kognitive Verzerrungen treten im Allgemeinen nicht isoliert auf. Wenn du deine Denkmuster erforschst, wirst du vielleicht feststellen, dass du mehrere davon in Reaktion auf ein und dasselbe Gefühl oder Ereignis erlebst. Nimm dir die Zeit, deine Reaktionen vollständig zu untersuchen. Es wird dir zeigen, was hilfreich ist und was nicht.
    • Es gibt viele verschiedene Typen von kognitiver Verzerrung, aber einige häufig auftretende Übeltäter, die eine emotionale Überempfindlichkeit auslösen können, sind Personalisierung, Etikettierung, “sollte”-Aussagen, emotionale Argumentationsweise und voreilige Schlüsse.
  2. „Personalisierung“ ist eine typische Verzerrung, die übermäßige Sensibilität verursachen kann. Wenn du personalisierst, machst du dich selbst zum Grund oder Auslöser von Dingen, die eigentlich nichts mit dir zu tun haben oder die du nicht kontrollieren kannst. Du kannst auch Dinge „persönlich“ nehmen, die gar nicht auf dich abzielen.
    • Wenn dein Kind zum Beispiel einige negative Bemerkungen von einem Lehrer bekommt, weil es sich schlecht benommen hat, dann hast du vielleicht das Gefühl, dass diese Kritik direkt an dich gerichtet ist: „Danas Lehrerin findet, dass ich ein schlechter Vater bin! Wie kann sie es wagen, meine Erziehung in Frage zu stellen?“ Diese Interpretation führt dich dann möglicherweise geradezu in eine überempfindliche Reaktion, weil du die Kritik als Anschuldigung empfindest.
    • Betrachte die Situation stattdessen von einem logischen Standpunkt aus. Hab dabei Geduld mit dir, es erfordert etwas Übung. Betrachte genau, was eigentlich passiert und was du über die Situation „weißt“. Wenn Danas Lehrerin ihr eine Notiz mit nachhause gegeben hat, dass sie sich im Unterricht besser konzentrieren muss, dann bedeutet das nicht, dass du ein schlechter Vater bist. Es ist eine Information, die die Lehrerin dir zur Verfügung stellt, damit du deinem Kind helfen kannst, bessere schulische Leistungen zu bringen. Es ist eine Chance für persönliche Weiterentwicklung, keine peinliche Anschuldigung. [23]
  3. Etikettierung ist eine Art „Alles-oder-Nichts“-Denken. Es taucht oft in Verbindung mit Personalisierung auf. Wenn du dir selbst ein Etikett aufklebst, pauschalisierst du dich nur aufgrund einer einzelnen Handlung oder eines Ereignisses, anstatt zu erkennen, dass es einen Unterschied zwischen dem gibt, was du tust und wer du bist . [24]
    • Wenn dein Lehrer dir einen negativen Kommentar unter einen Aufsatz geschrieben hat, fühlst du dich womöglich als „Versager“ oder „Loser“. Dir selbst den Stempel eines „Versagers“ aufzudrücken bedeutet aber auch, dass du das Gefühl hast, nie besser werden zu können, es also gar nicht erst versuchen zu müssen. Das wiederum führt zu Scham- und Schuldgefühlen und macht es dir unnötig schwer, konstruktive Kritik anzunehmen, weil du jede Kritik als ein weitere Indiz dafür ansiehst, dass du sowieso alles falsch machst.
    • Stattdessen solltest du Fehler und Herausforderungen als das erkennen und annehmen, was sie sind: bestimmte Situationen, aus denen du für die Zukunft lernen kannst. Anstatt dich selbst als „Versager“ zu brandmarken, wenn du eine schlechte Note erhalten hast, akzeptiere deine Fehler und denke darüber nach, was du daraus lernen kannst: „Okay, das ist nicht so gut gelaufen. Ziemlich enttäuschend, aber nicht das Ende der Welt. Ich werde einfach mit meinem Lehrer darüber sprechen, was ich nächstes Mal besser machen kann.“
  4. „Sollte-Aussagen“ sind schädlich, weil sie dich und andere an Standards messen, die meist schlicht überzogen sind. Oft basieren sie auf Einflüssen von außen anstatt auf Dingen, die dir wirklich und wahrhaftig wichtig sind. Wenn du gegen eines dieser „Sollte“ verstößt, bestrafst du dich womöglich noch selbst dafür und demotivierst dich dadurch nur noch mehr. Du landest im schlimmsten Fall in einem Teufelskreis von Schuld, Frustration und Wut. [25]
    • Stell dir zum Beispiel vor, dass du dir selbst sagst: „Ich sollte eine Diät machen. Ich sollte nicht so faul sein.“ Dann versuchst du dich selbst zu motivieren, indem du dir Schuldgefühle einredest. Allerdings sind die nun wirklich kein guter Motivator. [26]
    • Du kannst diesen „sollte“-Aussagen ganz schnell die Luft ablassen, indem du dir anschaust, was eigentlich hinter dem „sollte“ so alles vor sich geht. Denkst du, dass du eine Diät machen „solltest“, weil dir das andere nahegelegt haben? Weil du dich gesellschaftlich unter Druck gesetzt fühlst, dass du so und so auszusehen hast? Das alles sind keine gesunden und auch keine hilfreichen Gründe, etwas anzugehen.
    • Wenn du meinst, du „solltest“ eine Diät machen, weil du das mit einem Arzt abgesprochen und beschlossen hast, weil es dir gesundheitlich guttun würde, dann wandele „sollte“ in eine positivere, konstruktivere Richtung ab: „Meine Gesundheit ist mir wichtig und ich möchte auf mich achten. Deshalb werde ich mehr frische Lebensmittel zu nehmen. Das bin ich mir schließlich wert.“ Auf diese Art schaltest du die Schuld aus und motivierst dich stattdessen mit Wertschätzung und einer positiven Einstellung dir selbst gegenüber – und das funktioniert langfristig einfach unendlich viel besser! [27]
    • „Sollte“-Aussagen können zu emotionaler Überempfindlichkeit führen, wenn du sie gegen andere Menschen richtest. In einer Unterhaltung, in der dein Gegenüber nicht so reagiert, wie es dir lieb wäre, reagierst du möglicherweise schnell frustriert. Du sagst dir selbst: „Sie sollte eigentlich gebannt zuhören, was ich ihr Aufregendes zu erzählen habe!“ Wenn das dann nicht der Fall ist, weil man anderen Menschen eben nicht vorschreiben kann, was sie aufregend finden „sollten“, bist du genervt und womöglich sogar verletzt. Aber so ist es eben. Die Gefühle und Reaktionen anderer Menschen kannst du nicht beeinflussen. Erwarte also einfach am besten erst gar keine bestimmten Reaktionen, wenn du dich in solche Situationen begibst.
  5. Dabei setzt du voraus, dass deine Gefühle Fakten sind. Diese Art von verzerrter Wahrnehmung ist sehr weit verbreitet, aber mit ein wenig Übung kannst du lernen, sie zu erkennen und zu bekämpfen.
    • Vielleicht fühlst du dich schlecht, weil dein Chef einige Fehler bei einem Projekt angesprochen hat, das du eben beendet hast. Deine emotionale Argumentationsweise wäre nun etwa die, dass dein Chef unfair ist, weil du dich seinetwegen schlecht fühlst. Oder du nimmst an, dass du ein wertloser Angestellter bist, weil du dich momentan als Loser fühlst. Aber keine der beiden Annahmen kann bestehen, wenn man ihr mit Logik begegnet. [28]
    • Um diese emotionale Argumentationsweise zu konfrontieren, kannst du zum Beispiel einige Situationen aufschreiben, in denen du negative emotionale Reaktionen verspürst. Schreibe dann auch dazu, welche Gedanken dir dabei durch den Kopf gehen. Welche Gefühle haben diese Gedanken ausgelöst? Zum Schluss schaust du dir an, welche Konsequenzen diese Situationen tatsächlich haben. Decken sie sich mit dem, was deine Gefühle dir als „Realität“ verkaufen wollten? Du wirst bald merken, dass deine Gefühle dich sehr oft in die Irre führen.
  6. Voreilige Schlüsse sind der emotionalen Argumentationsweise sehr ähnlich. Wenn du voreilige Schlüsse ziehst, klammerst du dich an eine negative Interpretation einer Situation, ohne irgendwelche Fakten, die deine Interpretation stützen würden. Im Extremfall baust du ein Katastrophenszenario auf, in dem deine Gedanken völlig frei drehen, bis du beim Worst Case Scenario angekommen bist und es für das wahrscheinlichste aller Szenarien hältst. [29]
    • “Gedankenlesen” ist eine Art, voreilige Schlüsse zu ziehen, die dazu beitragen kann, dass man übermäßig empfindlich auf Dinge reagiert. Wenn du Gedanken liest, setzt du voraus, dass andere Menschen auf etwas an dir negativ reagieren, auch wenn du nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür hast.
    • Wenn zum Beispiel dein Partner dir nicht sofort zurück textet, wenn du fragst, was er/sie sich zum Abendessen wünscht, fragst du dich vielleicht, warum er/sie dich ignoriert. Du hast nicht den geringsten Beweis dafür, dass es tatsächlich so ist, aber du fühlst dich trotzdem verletzt oder sogar wütend. Und das alles wegen einer voreiligen und unüberlegten Interpretation.
    • Wahrsagerei ist eine weitere Art, vorschnelle Schlüsse zu ziehen. Du sagst voraus, dass bestimmte Dinge sowieso schlecht für dich ausgehen werden, ganz egal, was alles dagegen sprechen mag oder ob du irgendwelche sicheren Indizien dafür hast. Deswegen unterbreitest du deinen tollen Vorschlag deinem Chef nicht, weil du denkst, dass er ihn sowieso blöd finden wird.
    • Eine besonders extreme Form voreiliger Schlüsse sind die „Katastrophenszenarien“. Wenn du von deinem Partner keine Antwort bekommst, unterstellst du sofort, dass er sauer auf dich ist. Als nächstes geht dir dann durch den Kopf, dass er möglicherweise nicht mit dir sprechen will, weil er etwas vor dir zu verbergen hat, etwa die Tatsache, dass er dich eigentlich gar nicht mehr liebt. Und prompt siehst du deine Beziehung zerbrechen und dich selbst wieder bei deiner Mutter einziehen und den Rest deines Lebens in ihrem Keller hausen. Dieses Beispiel ist sehr überzogen, aber es demonstriert sehr gut die logisch nicht nachvollziehbaren Gedankensprünge, die passieren können, wenn du dich einmal zu voreiligen Schlüssen hinreißen lässt.
    • Das „Gedankenlesen“ konfrontierst du am besten, indem du offen und ehrlich mit Menschen sprichst. Begegne ihnen nicht mit Anschuldigungen oder Vorurteilen, sondern frage direkt, was los ist. Du könntest also deinem Partner zum Beispiel eine Nachricht schreiben: „Hey du, sag mal, gibt es irgendetwas, worüber du gerne mit mir sprechen möchtest?“ Wenn dein Partner verneint, glaube ihm und sorge dich nicht weiter.
    • „Wahrsagerei“ und „Katastrophenszenarien“ solltest du mit Logik begegnen. Untersuche, ob sich die einzelnen Schritte deiner Gedankengänge logisch nachvollziehen lassen. Hast du Beweise oder wenigstens stichhaltige Indizien für deine Annahmen? Kannst du in deiner momentanen Situation etwas beobachten, das sich als tatsächlicher Beweis für die Richtigkeit deiner Gedanken hernehmen lässt? Wenn du dir die Zeit nimmst, deine Reaktion Schritt für Schritt zu analysieren, wirst du bald selbst merken, dass deine Gedankengänge große logische Lücken aufweisen. Und mit etwas Übung kannst du diese Gedankensprünge unterbinden.
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Teil 3
Teil 3 von 3:

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  1. Meditation, insbesondere Achtsamkeitsmeditation, kann dir helfen, die Art zu verändern, wie du auf spezielle Emotionen reagierst. [30] Sie kann dafür sorgen, dass dein Gehirn besser mit Stressfaktoren umzugehen lernt. [31] Achtsamkeit zielt darauf ab, deine Emotionen in jedem Moment anzunehmen und anzuerkennen, ohne sie zu bewerten oder zu verurteilen. Diese Art der Meditation ist oft sehr hilfreich, wenn es darum geht, übermäßige emotionale Sensibilität zu überwinden. Du kannst einen Kurs belegen, eine geführte Meditation online mitmachen oder dir die Achtsamkeitsmeditation selbst beibringen. [32]
    • Suche dir einen ruhigen und entspannten Ort, wo dich niemand stören oder unterbrechen kann. Sitze aufrecht, entweder auf dem Boden oder auf einem Stuhl mit einer geraden Lehne. Wenn du in dich zusammengekauert sitzt, kannst du nicht richtig atmen. [33]
    • Fange damit an, dass du dich auf ein Element deiner Atmung konzentrierst, etwa das Gefühl, wie sich dein Brustkorb hebt und senkt, oder das Geräusch deines Atems. Konzentriere dich für einige Minuten darauf, während du tief und gleichmäßig atmest.
    • Erweitere deinen Fokus nach und nach und nimm immer mehr deiner Sinne bewusst wahr. Wenn du damit begonnen hast, dich auf das zu konzentrieren, was du hörst, öffne dich als nächstes für alles, was du riechst, dann für das, was du fühlst, und so weiter. Lass dabei deine Augen vielleicht am besten geschlossen, denn visuelle Eindrücke können sehr dominant sein und uns von anderen Wahrnehmungen leicht ablenken.
    • Akzeptiere Gedanken und Eindrücke, die dir begegnen, und versuche nicht, sie nach gut und schlecht zu sortieren. Erkenne sie bewusst an, wenn sie auftauchen, besonders am Anfang: „Ich spüre, dass meine Zehen kalt sind. Ich denke, dass ich abgelenkt bin.“
    • Wenn du spürst, dass du abgelenkt bist, konzentriere dich zunächst wieder nur auf deine Atmung. Meditiere etwa 15 Minuten jeden Tag.
    • Im Internet gibt es verschiedene Anlaufstellen, wo du geführte Achtsamkeitsmeditationen finden kannst.
  2. Manchmal werden Menschen hypersensibel, weil sie ihre Bedürfnisse und Gefühle gegenüber anderen nicht gut genug kommunizieren. Wenn du in deiner Kommunikation sehr passiv bist, kannst du nur schwer „nein“ sagen und drückst deine Gedanken und Gefühle oft nur zensiert und nicht offen und ehrlich aus. Assertive Kommunikation kann dir helfen, dich diesbezüglich anderen gegenüber selbstbewusster zu verhalten, was dazu führen wird, dass du dich eher gehört, wertgeschätzt und respektiert fühlst. [34]
    • Benutze „Ich“-Aussagen, wenn du deine Gefühle kommunizierst, z.B. „Es hat mich verletzt, dass du du zu spät zu unserem Date gekommen bist“ oder „Ich mache mich gerne zeitig auf den Weg, wenn ich verabredet bin, weil ich Angst habe, dass ich zu spät kommen könnte“. So klingst du nicht, als würdest du den anderen anklagen und hältst den Fokus auf deiner eigenen Gefühlslage.
    • Stelle in Unterhaltungen passende Anschlussfragen. Besonders in emotional aufgeladenen Unterhaltungen kann es dich davon abhalten, überzureagieren, wenn du Verständnisfragen stellst. Wenn zum Beispiel die andere Person ausgesprochen hat, antworte: „Also, wie ich verstanden habe, hast du gesagt, dass _____. Stimmt das so?“ Dann gib deinem gegenüber noch einmal die Chance zu einer Erklärung. [35]
    • Vermeide „kategorische Imperative“. Diese Wörter wie „sollte“ oder „müsste“ bewerten das Verhalten anderer Menschen moralisch, und es kann sich anfühlen, als ob du sie beschuldigst oder etwas von ihnen einforderst. Versuche es durch „Mir wäre es lieber“ oder „Ich möchte“ zu ersetzen. Zum Beispiel kannst du statt “Du solltest endlich mal daran denken, den Müll mit runter zu nehmen” sagen “Ich möchte, dass du an den Müll denkst, weil ich das Gefühl habe, dass alles an mir hängen bleibt, was du vergisst”. [36]
    • Wirf alle Annahmen in die Tonne. Gehe niemals davon aus, dass du weißt, was los ist. Lade andere dazu ein, ihre Gedanken und Erfahrungen mitzuteilen. Benutze Formulierungen wie “Was denkst du?” oder “Hast du irgendwelche Vorschläge?“.
    • Akzeptiere, dass andere Menschen andere Erwartungen haben. Es macht keinen Sinn, darüber zu streiten, wer in einer Situation „im Recht“ ist, du fühlst dich am Ende nur überfordert und wütend. Emotionen sind subjektiv. Denk daran, dass es in solchen Situationen normalerweise kein „Recht“ oder „richtig“ gibt. Benutze stattdessen Aussagen wie „Meine Erfahrung ist da eine andere“, während du gleichzeitig die Gefühle der anderen Person anerkennst, damit jeder seine Erfahrungen einbringen kann. [37]
  3. Deine Emotionen können bei dir einer angemessenen Reaktion ganz schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Aus der Erregung einer Emotion heraus zu reagieren, kann dich Dinge tun lassen, die du später bereuen wirst. Gönne dir eine Pause, auch wenn es nur ein paar Minuten sind, bevor du auf eine Situation reagierst, die spontan eine stark emotionsgeladene Reaktion provoziert hätte.
    • Frage dich selbst „Was wäre wenn?“: „WENN ich das jetzt tue, WAS passiert dann später?“ Ziehe möglichst viele Konsequenzen in Betracht, sowohl positive wie negative, bevor du dich für eine Aktion entscheidest. Wäge die möglichen Konsequenzen sehr gut ab!
    • Du hattest zum Beispiel eine sehr hitzige Auseinandersetzung mit deinem Ehepartner. Du bist so sauer und verletzt, dass du im Moment am liebsten die Scheidung einreichen möchtest. Nimm dir eine Auszeit und stelle dir selbst die „Was wäre wenn?“-Frage. Wenn du deinem Partner sagst, dass du dich scheiden lassen möchtest, was könnte passieren? Dein Partner könnte sich verletzt oder ungeliebt fühlen. Er oder sie würde sich später möglicherweise daran erinnern, wenn ihr euch beide wieder beruhigt habt, und es als ein Zeichen werten, dass dir nicht sehr viel an eurer Ehe liegt, wenn du sie so leichtfertig aufgeben würdest. Und aus reiner Wut heraus könnte er oder sie einwilligen, sich scheiden zu lassen. Was dann? Willst du das wirklich riskieren?
  4. Du merkst vielleicht, dass du Situationen meidest, die du aufgrund deiner Hypersensibilität als stressig oder unangenehm empfindest. Vielleicht denkst du, dass es das Ende jeder Beziehung ist, wenn du auch nur den kleinsten Fehler machst, und deshalb meidest du Beziehungen von vornherein, oder deine Beziehungen bleiben oberflächlich. Begegne dir selbst und anderen mit Mitgefühl. Rechne immer damit, dass deine Lieben dir nur Gutes wollen. Wenn deine Gefühle verletzt werden, nimm bitte nicht an, dass es mit Absicht geschehen ist: Zeige auch hier mitfühlendes Verständnis dafür, dass jeder, auch Freunde und nahestehende Menschen, Fehler macht. [38]
    • Wenn deine Gefühle verletzt wurden, benutze assertive Kommunikation, um deinen Lieben das mitzuteilen. Derjenige war sich vielleicht gar nicht bewusst, dich verletzt zu haben, und wenn du ihm wichtig bist, wird er wissen wollen, wie er das in Zukunft vermeiden kann.
    • Kritisiere die andere Person nicht. Wenn zum Beispiel dein Freund eure Verabredung zum Essen vergessen hat und du deshalb enttäuscht bist, schneide das Thema nicht an, indem du sagst “Du hast mich vergessen! Das hat mich sehr verletzt!“. Sage stattdessen „Ich war verletzt, als du unser Date vergessen hast, weil es mir wichtig ist, Zeit mit dir zu verbringen“. Dann lade deinen Freund ein, seine Erfahrungen und Gefühle mit dir zu teilen: „Stimmt etwas nicht? Möchtest du über irgendetwas mit mir reden?“
    • Denke daran, dass andere Menschen vielleicht nicht immer über ihre Gefühle oder Erfahrungen sprechen wollen, besonders dann nicht, wenn sie noch sehr frisch oder unverarbeitet sind. Nimm es nicht persönlich, wenn ein lieber Mensch nicht sofort über etwas reden möchte. Das bedeutet nicht, dass du irgendetwas falsch gemacht hast, sondern er oder sie braucht einfach etwas Zeit, um seine Gefühle zu sortieren.
    • Begegne dir selbst auf die gleiche Art, wie du einem Freund begegnen würdest, der dir sehr lieb und nahe ist. Wenn du zu so jemandem nichts Verletzendes oder Abwertendes sagen würdest, warum solltest du es dir selbst sagen? [39]
  5. Du versuchst dein Bestes, um deine Hypersensibilität unter Kontrolle zu bekommen, aber manchmal überrollt sie dich einfach. Die Zusammenarbeit mit einem Profi kann dir helfen, deine Gefühle und Reaktionen in einer geschützten und unterstützenden Umgebung zu erforschen. Mit einem ausgebildeten Berater oder Therapeuten kannst du ungesunde Denkweisen aufdecken, und er kann dir neue Wege beibringen, wie du mit deinen Gefühlen besser umgehst.
    • Sensible Menschen brauchen manchmal Hilfe von außen, um zu lernen, wie sie mit negativen Emotionen und emotionalen Situationen richtig umgehen. Das ist nicht notwendigerweise ein Anzeichen für eine psychische Erkrankung, sondern eine Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erlernen, um in der Welt zu bestehen.
    • Wirklich ganz normale Leute holen sich Hilfe bei Psychologen. Man muss nicht psychisch krank sein oder ein weltbewegendes Problem haben, um von einem Berater, Psychologen, Therapeuten oder ähnlichem zu profitieren. Diese Leute sind für deine Gesundheit da, ebenso wie Zahnärzte, Augenärzte, Hausärzte oder Physiotherapeuten. Zwar werden psychologische Behandlungen im Gegensatz zu Arthritis, Zahnfüllungen und Verstauchungen manchmal immer noch tabuisiert, aber viele Menschen nehmen sie in Anspruch. [40]
    • Manche Menschen glauben auch, dass Leute sich eben einfach ein bisschen mehr zusammenreißen müssen und aus sich selbst heraus stark sein sollen. Diese Annahme kann sehr schädlich sein. Natürlich sollst du tun, was in deiner Macht steht, um mit deinen Emotionen selbst fertigzuwerden, aber du darfst ruhig Hilfe von jemand anderem in Anspruch nehmen. Bestimmte Störungen, wie etwa Depressionen, Angstzustände oder bipolare Störungen, machen es der betroffenen Person körperlich unmöglich, selbst mit ihnen fertig zu werden. Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn man sich Hilfe sucht. Es zeigt nur, dass du dir selbst etwas wert bist. [41]
    • Die meisten Berater und Therapeuten dürfen keine Medikamente verschreiben. Aber ein ausgebildeter Therapeut wird wissen, wann es angebracht ist, dich zu einem Spezialisten oder Mediziner zu überweisen, der etwa Depressionen oder Angstzustände sicher bestimmen und Medikamente dafür verordnen kann. [42]
  6. Manche Menschen kommen hochsensibel zur Welt, dann zeigt sich diese Eigenschaft schon im sehr frühen Kindesalter. Das ist keine Störung oder psychische Erkrankung, und es ist auch nichts „falsch“ daran – es ist eben eine Charaktereigenschaft. Wenn sich jemand allerdings von „normal sensibel“ hin zu „dünnhäutig“, „weinerlich“ oder „leicht reizbar“ verändert, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass etwas nicht stimmt.
    • Manchmal entsteht Hypersensibilität aus Depressionen, die dafür sorgen, dass ein Mensch von seinen (positiven oder negativen) Emotionen geradezu überrollt wird.
    • Wenn deine Chemie aus dem Gleichgewicht gerät, kann auch das Ursache für emotionale Sensibilität sein. Schwangere Frauen können zum Beispiel sehr emotional reagieren. Oder Jungs in der Pubertät. Oder Menschen mit Schilddrüsenproblemen. Es gibt medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten für derartige emotionale Veränderungen.
    • Ein ausgebildeter Mediziner sollte dich auf Depressionen hin untersuchen. Es ist sehr leicht sich selbst einfach irgendeine Diagnose zu stellen, aber nur ein Profi kann dir sagen, ob du tatsächlich an Depressionen leidest, oder ob deine Hypersensibilität mit anderen Faktoren zusammenhängt.
  7. Emotionales Wachstum ist wie körperliches Wachstum: Es braucht Zeit, und der Prozess kann etwas unangenehm sein. Du wirst aus deinen Fehlern lernen, deshalb musst du welche machen. Rückschläge und Herausforderungen sind schlicht notwendig, damit du dich weiterentwickeln kannst.
    • Im Jugendalter ist es oft am schwierigsten, sehr sensibel zu sein. Mit der Zeit wirst du lernen, mit deinen Gefühlen besser umgehen zu können, und du wirst Wege finden, mit ihnen zu leben.
    • Vergiss nicht, dass du etwas sehr gut und genau kennen musst, bevor du dazu agieren kannst. Sonst ist es, als würdest du kurz auf eine Landkarte schauen und dann einfach losrennen, ohne die Karte im Geringsten verstanden zu haben: Du weißt zu wenig über das Gebiet, um es sicher bereisen zu könne, und du wirst dich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verlaufen. Erforsche die Landkarte deines Gehirns, dann bekommst du ein besseres Verständnis für deine wunden Punkte und den richtigen Umgang mit ihnen.
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Tipps

  • Sei wegen deiner kleinen Fehler nicht zu hart mit dir selbst, dann genierst du dich weniger für sie und kannst auch anderen gegenüber mehr Empathie empfinden und zeigen.
  • Denke nicht, dass du deine Ängste ständig erklären musst, um deine Handlungen oder Gefühle zu rechtfertigen. Behalte sie ruhig für dich, sie gehen nur dich etwas an.
  • Lehne negative Gedanken ab. Negative innere Dialoge können sehr schädlich für dich sein. Wenn du merkst, dass du mal wieder zu kritisch mit dir selbst bist, frage dich: "Wie würde sich jemand anders fühlen, wenn ich ihm das an den Kopf werfen würde?"
  • Emotionale Auslöser sind von Natur aus sehr individuell. Selbst wenn du jemanden kennst, bei dem der gleiche Auslöser die gleiche Reaktion auslöst, muss das nicht bedeuten, dass es ihn auf die gleiche Art berührt wie dich. Es gibt hierbei keine allgemeingültigen Muster.
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